Vor Kurzem wurde das RAL Gütezeichen „Nachhaltiger Handel Holz- und Bauprodukte“ eingeführt. Welche Vorteile bietet das Siegel? Und warum werden Nachhaltigkeitsziele immer wichtiger? Ein Interview mit dem Vorsitzenden der Gütegemeinschaft Holz- und Baustoffhandel, Albert Gebhardt (Geschäftsführer der Holzwarth GmbH), dem geschäftsführenden Gesellschafter der W. & L. Jordan GmbH, Jörg Ludwig Jordan und dem Geschäftsführer der Gütegemeinschaft Holz- und Baustoffhandel, Olaf Rützel  -  aus dem HOLZForum 3-4/2023.

Herr Jordan, wie definiert die Firma Jordan Nachhaltigkeit für sich, seine Mitarbeiter, Kunden und Partner?

Nachhaltigkeit ist für uns ein ganzheitlicher Ansatz, der die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Aspekte gleichermaßen berücksichtigt. Wir wollen ein Unternehmen sein, das sich langfristig und nachhaltig entwickelt und dabei seine Mitarbeiter, Kunden und Partner berücksichtigt.

Herr Gebhardt, warum haben Sie und Ihr Unternehmen sich dem wichtigen Thema Nachhaltigkeit so konsequent verschrieben?

Als Unternehmen mit einer langen Tradition sind wir davon überzeugt, dass wir nur dann bestehen können, wenn wir das Leben der Menschen verbessern. Für uns bedeutet dies: Wir agieren nachhaltig oder wir agieren nicht. Bei unseren Entscheidungen denken wir generationenübergreifend und berücksichtigen die langfristige Entwicklung unseres Unternehmens und seiner Umwelt. Die Förderung der nachhaltigen Entwicklung ist somit Teil unseres Unternehmenszwecks.

Herr Jordan, wie setzen Sie dieses Nachhaltigkeitsverständnis in die Tat um?

Wir setzen unser Nachhaltigkeitsverständnis in der gesamten Wertschöpfungskette um. Das beginnt bei der Auswahl unserer Lieferanten, geht über das Produktmanagement und die Logistik bis hin zum Vertrieb und der Entsorgung unserer Produkte. Wir achten darauf, dass unsere Produkte aus nachhaltigen Materialien hergestellt werden und dass sie einen positiven Beitrag zum Umweltschutz leisten. Wir setzen uns auch für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in unseren Produktionsstätten unserer Lieferanten ein und engagieren uns für den Schutz des Klimas.

Herr Jordan, eine Ihrer Initiativen der gelebten Nachhaltigkeit ist das Projekt Baumpate. Wie kam es zu dieser Idee und wie hat sich dieses Projekt bisher entwickelt?

Die Idee zum Projekt Baumpate entstand aus unserer Verantwortung für den Wald. Wir sind ein Holzhandelsunternehmen und Holz spielt eine wichtige Rolle in unserer Unternehmensgeschichte. Wir wollten etwas für den Wald tun und dabei auch unsere Kunden und Partner einbinden. Deshalb haben wir das Projekt ins Leben gerufen. Bisher hat es sich sehr gut entwickelt.

Herr Gebhardt, warum sind gemeinsame Nachhaltigkeitsziele so wichtig?

Nur wenn allen unsere Nachhaltigkeitsziele und unsere grundsätzliche Haltung bekannt sind, können wirklich große Fortschritte erzielt werden. Hierbei meinen wir unsere Geschäftspartner und Kunden, aber vor allem unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Unser Ziel ist es, dass alle Mitarbeiter Nachhaltigkeit verinnerlichen, leben und mit Eigeninitiative die von ihnen verantworteten Prozesse und Produkte nachhaltig ausrichten.

Herr Jordan, warum gelten besonders Familienunternehmen als Innovationstreiber im Bereich Nachhaltigkeit?

Familienunternehmen sind in der Regel flexibel und sensibel für die sozialen Aspekte innerhalb und außerhalb des Unternehmens. Diese Unternehmen haben oft die Fähigkeit, sich schnell an Veränderungen anzupassen und Innovationen zu fördern. Speziell für Holzhandelsunternehmen ist das eine Grundvoraussetzung, um erfolgreich am Markt bestehen zu können.

Herr Rützel, Sie haben vor kurzem das neue RAL Gütezeichen Nachhaltiger Handel Holz- und Bauprodukte eingeführt. Was ist der Hintergrund dieses Gütezeichens?

Der Hintergrund des neuen Gütezeichens ist die zunehmende Bedeutung von Nachhaltigkeit in der Holz- und Baustoffbranche. Kunden und Unternehmen sind sich zunehmend der ökologischen und sozialen Folgen ihrer Entscheidungen bewusst. Sie wollen wissen, dass die Produkte und Dienstleistungen, die sie kaufen, nachhaltig sind. Das neue RAL Gütezeichen bietet ihnen eine verlässliche Orientierungshilfe bei der Auswahl von nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen.

Herr Gebhardt, welche Kriterien gelten für das Gütezeichen?

Das Gütezeichen basiert auf einem strengen Kriterienkatalog, der ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeitskriterien umfasst. Unternehmen, die das Gütezeichen erhalten wollen, müssen diese Kriterien erfüllen. Dazu gehören zum Beispiel die Verwendung nachhaltig gewonnener Rohstoffe, die Vermeidung von Abfällen, der Schutz der Umwelt und der sozialen Standards in der Lieferkette.

Herr Jordan, Sie haben als erster das RAL Gütezeichen Nachhaltiger Handel Holz- und Bauprodukte beantragt. Welche Vorteile bietet das Gütezeichen für Ihr Unternehmen?

Mit dem RAL Gütezeichen Nachhaltiger Handel Holz- und Bauprodukte können wir unseren Kunden zeigen, dass wir uns für Nachhaltigkeit einsetzen. Darüber hinaus bietet das RAL Gütezeichen unserem Unternehmen eine Reihe weiterer Vorteile. Dazu gehören: Ein Wettbewerbsvorsprung gegenüber anderen Unternehmen, die nicht das Gütezeichen tragen, eine erhöhte Kundenzufriedenheit, ein verbessertes Image, eine geringere Wahrscheinlichkeit von Rechtsstreitigkeiten, eine geringere Bepreisung von Krediten, eine höhere Wahrscheinlichkeit von öffentlichen Aufträgen, um nur einige zu nennen.

Herr Rützel, was war die Motivation für die Entwicklung des neuen RAL Gütezeichens?

Das Gütezeichen ist eine Investition in die Zukunft. Es hilft Unternehmen, ihre Nachhaltigkeitsleistung zu verbessern und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Es ist ein neuer Standard für Nachhaltigkeit in unserer Branche. Angesichts der strengen Anforderungen an ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit, die von deutschen und europäischen Gesetzen gestellt werden, wollten wir einen sichtbaren Ausdruck für hohen Nachhaltigkeitsstandard schaffen. Und so haben wir das RAL Gütezeichen entwickelt.

Herr Rützel, mit welchen neuen Anforderungen müssen Unternehmen in unserer Branche rechnen?

Mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und der EU-Taxonomie-Verordnung kommen zusätzliche Berichtspflichten und Nachhaltigkeitsnachweise auf die Holzhändler zu. Dazu gehört zum Beispiel die unternehmerische Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten in den globalen Lieferketten, aber auch neue Berichtspflichten zu Umweltfragen und sozialen Angelegenheiten. Diese Berichtspflichten betreffen Unternehmen aller Größen. Auch kleine und mittlere Holzhandelsunternehmen werden zunehmend Daten zu ihrer Nachhaltigkeit vorlegen müssen. Die Kunden, die ein qualifiziertes Nachhaltigkeitsmanagement betreiben müssen und berichtspflichtig sind, verlangen das auch von ihren Zulieferern im Holzhandel. Daher ist es sinnvoll, sich möglichst frühzeitig mit der eigenen Sozial-, Klima- und Umweltbilanz zu beschäftigen.

Herr Rützel, wie hilft das RAL Gütezeichen den Holzhändlern, diesen Anforderungen gerecht zu werden?

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und die EU-Taxono[1]mie-Verordnung fordern von Unternehmen, Nachweise über die Einhaltung von Menschenrechten in den globalen Lieferketten zu erbringen und Berichte über Umweltfragen, soziale Angelegenheiten, die Behandlung von Mitarbeitern, die Achtung der Menschenrechte, Korruptionsund Bestechungsbekämpfung sowie Vielfalt in den Unternehmensvorständen zu erstellen. Das RAL Gütezeichen unterstützt dabei, diese Anforderungen zu erfüllen. Es liefert einen Rahmen für die Umsetzung und Überwachung dieser Vorschriften. Für Unternehmen im Holzhandel bietet das RAL- Gütezeichen Nachhaltiger Handel Holz- und Bauprodukte eine einzigartige Möglichkeit, sich qualifiziert und kompetent durch den komplexen Prozess zur nachhaltigen Unternehmensführung und Nachhaltigkeitsberichterstattung leiten, unabhängig auditieren und testieren zu lassen.

Herr Gebhardt, wie hat die Branche auf die Einführung des RAL Gütezeichens reagiert?

Die Reaktion war sehr positiv. Wir haben zahlreiche neue Mitglieder aus Industrie und Handel gewonnen. Es zeigt, dass wir mit unserem neuen Gütezeichen genau den Nerv der Branche getroffen haben.

Herr Jordan, was würden Sie Unternehmen raten, die noch unsicher sind, wie sie auf die neuen Nachhaltigkeitsanforderungen reagieren sollen?

Ich würde ihnen raten, sich frühzeitig mit ihrer eigenen Sozial-, Klima- und Umweltbilanz zu beschäftigen. Selbst wenn sie derzeit noch nicht berichtspflichtig sind, werden sie wahrscheinlich in Zukunft Daten zur eigenen Nachhaltigkeit vorlegen müssen. Das RAL Gütezeichen kann dabei helfen, diese Herausforderung zu meistern und gleichzeitig einen wichtigen Marktvorsprung gegenüber den Mitbewerbern zu erlangen.